Der Stein der Weisen will auch nach vielen Jahren des Testens unterschiedlichster Flaschenverschlüsse nicht abschließend gefunden werden: zu sehr gehen die Meinungen bei Winzern, Händlern und Verbrauchern auseinander, zu unterschiedlich sind die Erfahrungen und zu sehr differieren auch die Auffassungen, welcher Verschluss welche Wertigkeit vermittelt und wie welcher Verschluss sich auf die Reifung des jeweiligen Weines auswirkt.
Aktuell sind der traditionelle Naturkorken, der Glasstopfen, der Kunststoffkorken und der Metall-Drehverschluß aus Aluminium die verbreitetsten Verschlussmethoden.
Jahrhundertelang war der Naturkorken, der aus der Rinde der Korkeichen Süd-Europas gewonnen wurde und noch wird, das Material der ersten Wahl: aus natürlicher Herkunft, nachwachsend, von ausreichend hoher Gasdichtigkeit über Jahrzehnte einer Weinlagerung. Doch dann häuften sich ab den 90er Jahren die Beanstandungen über ‘Korkschmecker’; es wurde schließlich eine Substanz namens TriChlorAnisol (TCA) für den Muff-Ton verantwortlich gemacht. Sie entsteht durch Schimmelpilze, früher bei nachlässig gehandhabter Trocknung der Korkrohwaren und durch das damals noch praktizierte Bleichen der Rinde mit Chlor. Heute aber weiß man, dass die Substanz sich auch aus einem lang Zeit verwendeten Holzschutzmittel mit dem Namen Pentachorphenol (PCP) entwickeln kann, das früher zum Schutz von Holzbalken und Holzpaletten großzügig Verwendung fand. In feuchtem Umfeld, wie es in beispielsweise in Weinkellern anzutreffen ist, löst sich PCP in der Raumluft und wandelt sich in die berüchtigte Korkschmecker-Verbindung TCA um. Fatalerweise setzt sich die Substanz an nahezu allen organischen Materien fest: an jeder Art von Flaschenverschlüssen (auch solchen aus Kunststoff, an Sieben und Schläuchen. Und als ob diese Substanz allein nicht schon genug angerichtet hätte, so tritt eine zweite chemische, nicht minder verheerende Verbindung mit dem Namen Tribromanisol auf, die Bestandteil von bromhaltigen Flammschutzmitteln ist.
Insofern ist der Begriff ‘Korkschmecker’ irreführend, denn die Ursache für den fehlerhaften Muffton sind oftmals schlicht chemische Altlasten und sorgloser Umgang mit bromhaltigen Chlorverbindungen. Der Naturkork war somit auch oftmals der Sündenbock, weil die fehlerhaften Mufftöne ursächlich nicht zweifelsfrei zugeordnet werden konnten.
In den 90er Jahren griff man vielerorts auf die damals relativ neu auf den Markt kommenden Kunststoffkorken. Diese Polymer-Gemische haben den Vorteil zumindest optisch dem Naturkorken zu ähneln und somit konnte das Ritual des Flaschenöffnens bewahrt bleiben. Gleichwohl war der Kunststoffkorken auch eine Entscheidung des Preises: Für 5 bis 7 Cent ließ sich so vor allem für die Lebensmittelketten das Problem schnell und günstig beheben.
Allerdings: die Kunststoffkorken erhalten ihre Elastizität nicht lange und fördern so irgendwann eine Oxydation des Weins, weshalb sie bei hochwertigen Weinen kaum mehr Einsatz finden.
Eine wirkliche Erfolgsgeschichte nach vielen Jahren des Vorbehalts ist der Siegeszug des Drehverschlusses: mehr als 50% beträgt der Marktanteil der Schrauber hierzulande mittlererweile. Er ist konkurrenzlos preisgünstig und hatte in vielen Ländern bereits seit langem einen sehr hohen Marktanteil auch bei Weinen, denen durchaus eine gewisse Lagerung und Reifung angediehen lassen werden sollte. In der Schweiz arbeitet man bereits seit über 30 Jahren sehr erfolgreich mit Drehverschlüssen, in Australien bestückt das Kult-Weingut Penfolds sogar $100-Weine damit.
Ein weiterer Alternativ-Verschluss ist der Glasstopfen, einst von einem deutschen Zahnarzt erfunden. Der mittels einer Kunststoffdichtung abschließende Glasstopfen konnte sich zwar anfangs großer Beliebtheit besonders im Weißweinbereich erfreuen, aber sein Einsatz blieb letztlich den jung konsumierten Weinen vorbehalten.
Nischenprodukte wie Edelstahl-Kronkorken und Kunststoffkorken aus Bio-Polymeren sind ehrgeizige Ideen, deren Marktakzeptanz im Moment noch nicht absehbar ist.
Aber es gibt auch ganz gegenläufige Tendenzen in Form einer teilweise wahrnehmbaren Renaissance des Naturkorkens. Im Bereich hochwertiger Weine stand der Naturkork bis heute nicht ernsthaft in Diskussion, wohl auch, weil man den Aufschrei der traditionell geprägten Klientel fürchtet. Zudem ist für viele Winzer der hochwertige, sauber hergestellte Naturkorken, der dann auch schon mal gerne über €1 kostet, ohne echte Alternative im oberen Sortimentssegment. Natürlich hofft man hier auch, dass die von der Korkindustrie eingeleiteten Qualitätsverbesserungen nachhaltig greifen und so die aktuelle Ausschußquote von zwei bis sieben Prozent deutlich abgesenkt werden kann. In allen namhaften Weingebieten Europas jedenfalls ist der Naturkork noch immer erste Wahl.