Der Rheingau lebt den Wein. Ebenso wie an der Mosel wird hier seit Jahrhunderten Riesling kultiviert. Die Spätlese entstand hier dereinst aus einem Zufall heraus. Könnten die Mauern des berühmten Schloss Johannisberg sprechen, würden Sie von Kriegen, Kirche und Konzerten berichten. Die Geschichte des Klosters ist lang. Heute dient das Schloss verschiedenen Zwecken. Das Weingut ist in alleinigem Besitz der etwa 35 ha großen Einzellage mit der Bezeichnung „Schloss Johannisberg“, die zu Füßen des Anwesens liegt.

Doch der Rheingau hat deutlich mehr zu bieten. Westlich des Rheinknies erstreckt sich dieses Weinbaugebiet bei Wiesbaden auf einem schmalen Streifen zischen dem Rhein und den nördlich davon gelegenen Höhen des Taunus. Im Süden grenzt es an Rheinhessen und die Nahe. Im Westen und Nordwesten an den Mittelrhein. Rund 80 % der gesamten Rebfläche ist mit Riesling bestockt. Auf Rang zwei der Rebsortenliste befindet sich Spätburgunder mit immerhin 13 %. Dass am Rhein bereits seit Römerzeiten Wein kultiviert wurde, ist ohnehin bekannt. Im Rheingau war dies zunächst nicht der Fall. Die Nähe zum Limes und dem damit angrenzenden Feindesland könnte ein Grund für den Verzicht gewesen sein. Erst Karl der Große blickte einer Legende nach von Ingelheim in Richtung Rheingau und sah, dass auf dem Johannisberg der Schnee früher schmolz. Dies soll zur unmittelbaren Folge gehabt haben, dass er dort Wein anbauen ließ.

Um 1130 erreicht der Weinbau dann in ganz Deutschland seinen Höhepunkt. 300 000 ha waren mit Reben bestockt. Das ist das dreifache heutiger Zahlen. Während in Frankfurt Verbote für das Neuanlegen von Weinbergen erlassen wurden und die Obrigkeit in Mainz die Ausbeute ihrer Weinberge erhöhte indem nur noch ertragsreiche, rote Rebsorten angebaut wurden, pflanzte Graf Johann von Katzenelnbogen im nicht weit entfernten Rüdesheim eine neue weiße Sorte an: den Riesling.

Diese Weinrebe ist -so sollte es sich herausstellten- in der Lage auf unterschiedlichsten Böden gute bis sehr gute Qualitäten zu erbringen. In höheren Lagen auf Verwitterungsböden ebenso wie nahe der Talsohle des Rheins auf Löss, Lehm und Ton. DIe Vulkanböden ergeben füllige und kräftige Weine. Schiefer hingegen bringt filigrane und spritzige Weine hervor. Keuper und Muschelböden schwere und opulente. Löss und Lehm lassen die Weine mächtig und aromatisch werden.

In Geisenheim werden an der Forschungsanstalt für Garten- und Weinbau seit 1872 Versuche in Weinbau und Keller getätigt. Das international renommierte Institut vermittelt der zukünftigen Winzerelite hier das nötige Rüstzeug. Der ehedem hier tätige Dozent Hermann Müller war seinerzeit der Züchter und Schöpfer der nach dem Riesling am häufigsten angebauten weißen Rebsorte: des Müller-Thurgau.